Selektivität und Effektivität des Chancenausgleichs an Berner Schulen

Selektivität und Effektivität des Chancenausgleichs an Berner Schulen (SECABS); Rolf Becker, Caroline Sahli Lozano (PH Bern), Lena Greber und Sandra Gilgen; November 2014 – Juni 2016; PH Bern-Projekt-Nr.: 14 w 003 01

Das Projekt verfolgt das Ziel, die Selektivität und die Effektivität des Chancenausgleichs an Berner Schulen zu untersuchen. Analysiert werden der Nachteilsausgleich und die reduzierten individuellen Lernziele. Hauptziel des Projekts ist es zu beschreiben, wie viele und welche Gruppen von Schülerinnen und Schülern im Kanton Bern reduzierte individuelle Lernziele beanspruchen oder von „Massnahmen gegen mögliche Benachteiligungen“ im Sinne eines Nachteilsausgleichs profitieren. Bisher liegen schweizweit keine Ergebnisse zur Umsetzung dieser Massnahmen vor. Das Projekt wird aufzeigen können, wie reduzierte individuelle Lernziele und Nachteilsausgleiche in die Praxis umgesetzt werden und wo allenfalls Optimierungsmöglichkeiten bestehen.

Viele Kantone stehen derzeit vor der anspruchsvollen Aufgabe, Konzepte zum Nachteilsausgleich (NAG) auszuarbeiten und umzusetzen (Schnyder & Jost, 2013, 9). Dieser ist gesetzlich gut verankert (z.B. Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1999; Behindertengleichstellungsgesetz, 2002) und dient dazu, „Einschränkungen durch Behinderungen aufzuheben oder zu verringern“ (Schnyder & Jost, 2013, 5). Aktuell ist davon insbesondere im Zusammenhang mit der im November 2013 von der Schweiz paraphierten UNOBehindertenrechtskonvention die Rede, welche „ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen“ (UNO, 2006, Art. 24) fordert. Um in einer inklusiven Schule allen Kindern gerecht zu werden, empfiehlt der Berner Lehrplan explizit verschiedene Massnahmen der inneren Differenzierung (Erziehungsdirektion des Kantons Bern (ERZ), 1995). Zusätzlich können reduzierte individuelle Lernziele (rILZ, Regierungsrat des Kantons Bern, 2007, Art.11, ERZ, 2009) und Massnahmen des Nachteilsausgleichs (NAG; ERZ, 2013b) eingesetzt werden. Aufgrund der unterschiedlich definierten Zielgruppen und Konsequenzen von rILZ und NAG drängt sich die Frage auf, welche Kinder an welchen Schulorten welche Formen des Chancenausgleichs erhalten. Anhand einer Online-Befragung aller Schulleitungen des Kantons Bern wird in einer ersten Erhebung deskriptiv ein Überblick über die Verteilung und das Ausmass an Kindern mit rILZ und NAG gewonnen. Weiter interessiert, inwiefern sich die zwei Gruppen voneinander und von den übrigen Schülerinnen und Schülern bezüglich verschiedener Merkmale (IQ, Schulleistungen, Sozialstatus u.a.) unterscheiden. Hierfür werden in einer zweiten Erhebung rund 75 Klassen des sechsten Schuljahres untersucht, in denen es Kinder mit NAG und/oder mit rILZ gibt. Nebst der Erhebung zentraler kindbezogener Variablen werden Eltern und Lehr-personen in Bezug auf die Massnahmen befragt (z.B. Schulnoten, Übertrittsentscheid, soziale Herkunft, Bildungsaspiration). Aus den Ergebnissen resultieren weiterführende Implikationen für die Bildungspolitik und -praxis, insbesondere über die Kantonsgrenze hinausreichende Hinweise für die Ausarbeitung oder Anpassung von Konzepten bezüglich rILZ und NAG.

Das Projekt ist eine Kooperation des Instituts für Heilpädagogik an der PHBern (Dr. Caroline Sahli) und der Abteilung Bildungssoziologie (Prof. Dr. Rolf Becker) an der Universität Bern.

Schlagworte
Chancengleichheit, Chancenausgleich, Nachteilsausgleich (NAG), reduzierte individuelle Lernziele (rILZ), Integrative Förderung (IF), Behinderung, Benachteiligung, Legasthenie